Der Film Karla unterscheidet sich thematisch und in der filmischen Umsetzung von anderen DEFA-Filmen. Die SED forderte von den Filmschaffenden in der DDR, dass sie sich an die Doktrin des Sozialistischen Realismus halten. Die Protagonist*innen dieser Filme waren "positive Helden". Thematisch stellten vom Sozialistischen Realismus geprägte Werke "Fragen der deutschen Arbeiterbewegung" in den Vordergrund. In diesem Modul geht es darum, Merkmale der filmischen Gestaltung des Films Karla zu untersuchen. Welche Bilder von der sozialistischen Wirklichkeit erschafft der Film? Die Handlung führt uns am Anfang des Films in zwei grundverschiedene Räume: die Sphäre Kaspars - den Bootsschuppen und die Sphäre der Schule - in das Büro von Direktor Hirte.
Karla, TC 00:11:59 – 00:13:55
Karla, TC 00:19:09 – 00:20:10
Bootsschuppen
Direktorenbüro
Der Film Karla wurde Mitte der 1960er Jahre gedreht und lässt erkennen, dass auch die Filmemacher*innen der DDR sich von der Strömung der französischen Nouvelle Vague inspirieren ließen, die Anfang der 1960er Jahre mit bis dahin üblichen Konventionen des Filmmachens brach. Statt im Filmstudio zu drehen, war die Nouvelle Vague vor allem durch eine bewegte Kamera und zahlreiche Außenaufnahmen geprägt, welche den Filmen einen dokumentarischen Look verliehen.
In Karla begleiten wir die junge Lehrerin auf mehreren Wegen an ihrem Arbeitsort: Karla tritt ihre Stelle in einer Kleinstadt im Norden an. Liegt der Bahnhof noch in der idyllischen Altstadt, muss sie zur Theodor-Fontane-Oberschule über Sandberge und Baumaterialien stolpern: ihre erste Arbeitsstätte liegt mitten in einem gerade errichteten und längst noch nicht fertigen Neubaugebiet, von der Schule schickt eine Frau Karla zum Zeltlager am See, wo sie auf Kaspar stößt. Bei ihren Krisen-Gesprächen laufen Ali Hirte und Karla durch neu errichtete Plattenbau-Wohnviertel, während im Bildhintergrund spielende Kinder quasi dokumentarisch mit gefilmt werden.
In seiner Ästhetik zeigt „Karla“ Nähe zum Nouvelle-Vague-Film „Außer Atem“ (1960) des französischen Regisseurs Jean-Luc Godard.
Jean Seberg und Jean-Paul Belmondo in Außer Atem von Jean-Luc Godard, 1960 (© STUDIOCANAL GmbH Filmverleih)
Jutta Hoffmann und Hans Hardt-Hardtloff in Karla von Herrmann Zschoche, 1965/1990 (Foto Eberhard Daßdorf)
Die Filme der Nouvelle Vague wiesen oft eine eher lockere und experimentelle Struktur auf, bei der auch viele neue Techniken (etwa der Jump Cut) entdeckt und etabliert wurden.
Karla, TC 00:51:11 – 00:53:01
Karla, TC 00:56:06 – 00:58:10
In der Nouvelle Vague spielten spontane Musik- und Tanzeinlagen eine wichtige Rolle, um bestimmte Gefühle auszudrücken, die Figuren zu charakterisieren und die Konventionen des filmischen Erzählens aufzubrechen. Diese Szenen wirkten leicht, verspielt und subversiv und sagten viel über die innere Welt der Figuren und ihre Beziehung zur Außenwelt aus. Die Figuren beginnen plötzlich zu tanzen oder zu singen, was ihre emotionale Freiheit und die Abkehr von strengen gesellschaftlichen Konventionen verdeutlicht.
Karla, TC 00:56:06 – 00:58:10
Zur Hauptfigur des Films, Karla, gehört ein musikalisches Leitmotiv. Die Musik im Film setzt erstmals ein, als Karla im Zug zu ihrer ersten Arbeitsstelle sitzt und unterlegt den Vorspann des Films. Im weiteren Verlauf des Films kehrt die Musik mehrfach wieder.
Karla, TC 00:29:15 – 00:30:04
Karla, TC 01:22:26 – 01:24:09