Film als Wirtschaftsfaktor

Die deutsche Kinolandschaft

In Deutschland gibt es eine vielfältige Kinolandschaft, die sich aus sogenannten Multiplex-Kinos, unabhängigen Filmtheatern und Kommunalen Kinos zusammensetzen. Multiplex-Kinos besitzen mindestens acht Kinosälen, in denen vor allem aktuelle Mainstream-Filme (auch Blockbuster genannt) laufen und die dadurch viele Zuschauer*innen ansprechen. Diese Kinos erzielen mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes aller Kinos. Im Gegensatz dazu stehen die kleineren unabhängigen Filmtheater, die oft als Familienbetriebe oder Programmkinos neben Blockbustern auch Arthousefilme zeigen, die sich außerhalb des Mainstreams bewegen. Unter Arthouse versteht man Filme, die einen künstlerischen Anspruch verfolgen und die wesentlich weniger kommerziell ausgerichtet sind. Kommunale Kinos werden von der Gemeinde unterstützt und können deshalb auch Filme anbieten, die ein kleineres Publikum anziehen. Hier kannst du dir auch Filmklassiker, Experimentalfilme oder Filme aus fremden Ländern ansehen. Kinos können in ihrem wöchentlichen Programm natürlich nur eine begrenzte Anzahl von Filmen zeigen. Kostenpflichtige Streaming-Dienste im Internet, wie z.B. Netflix, Amazon-Prime oder Disney+, können dagegen fast unbegrenzt und zeitlich flexibel Filme anbieten. Auch wenn es von Vorteil sein kann, zu Hause jederzeit einen Film anzusehen, ist ein Kinobesuch häufig auch ein Ort der Begegnung und das Anschauen eines Filmes wird dort zu einem besonderen Erlebnis.

In diesem Kurs hast du die beiden deutschen Produktionen Cleo und The Ordinaries kennengelernt. Den Film Cleo haben 28.060 Besucher*innen im Kino gesehen. Die Besuchszahlen für The Ordinaries lagen 2023 bei 33.608.

Quelle: FFA

Aufgabe 1

  1. Was denkst du, handelt es sich bei den Besuchszahlen für Cleo und The Ordinaries um hohe Besucherzahlen? Können mit dem Geld, das durch die Zuschauer*innen im Kino erwirtschaftet wurde, die Produktionskosten eingespielt werden?

Besucherzahlen

Kostendeckung

Filmfinanzierung und Filmförderung

Ein deutscher Kino-Spielfilm kostet meist zwischen einer und zehn Millionen Euro. Im Vergleich: Der Film Avatar hat mit seinen aufwändigen 3D-Animationen rund 237 Millionen US-Dollar gekostet. Weil deutsche Filme viel weniger Zuschauer*innen erreichen als internationale Blockbuster, sind die Budgets für diese Produktionen niedriger. Der*Die Produzent*in kümmert sich um die Finanzierung und muss den Blick über die Kosten behalten. In Deutschland kommt der größte Teil des Geldes für die Produktion eines Films von öffentlichen Fördereinrichtungen und Fernsehsendern. Es gibt drei bundesweite Fördereinrichtungen: Den Deutschen Filmförderfonds (DFFF) der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, die Filmförderungsanstalt (FFA) und das Kuratorium junger deutscher Film. Außerdem existieren in allen Bundesländern regionale Förderungen. Insgesamt werden jährlich etwa 200 Millionen Euro Fördergelder vergeben. Ein*e Antragsteller*in reicht ein Projekt ein und eine Auswahlkommission entscheidet, ob er*sie eine Förderung erhält. Die Grundlage für die Förderung bildet das Filmförderungsgesetz (FFG). Ohne das Geld der Filmförderung wäre es heute kaum möglich, einen Kinofilm in Deutschland zu finanzieren. Filmproduktionen sind Projekte, bei denen zum Zeitpunkt der Planung und Entstehung schwer vorhersehbar ist, ob die Kosten später wieder hereingeholt werden und vielleicht sogar ein Gewinn erwirtschaftet wird. Bei einer Filmproduktion kann keiner vorher wissen, ob sich ein großes Publikum den fertigen Film anschauen wird. Es ist auch ungewiss, ob der Film es überhaupt in die Kinos schafft, denn manche Kinofilmproduktionen laufen nur im Fernsehen oder auf einigen Filmfestivals. Die meisten Filme sind an der Kinokasse nicht rentabel, das heißt, sie spielen weniger Geld ein, als sie gekostet haben. Die deutsche Filmwirtschaft – und besonders alle Filme, die nicht kommerziell ausgerichtet sind – ist deshalb abhängig von staatlicher Förderung. Filmförderung ist an Bedingungen geknüpft. So muss bei einer Förderung durch die FFA der finanzielle Eigenanteil mindestens fünf Prozent der von der Filmförderungsanstalt anerkannten Kosten betragen. Man muss also auch eigenes Kapital in den Film stecken. Die Filmförderung selbst ist ein bedingt zurückzahlbares Darlehen. Das heißt, zurückgezahlt werden muss nur dann, wenn der Film Gewinn macht. Die Filmstiftung Nordrhein-Westfalen hat außerdem einen "NRW-Effekt" eingebaut: Für jeden Euro Förderung muss mindestens 1,50 Euro in Nordrhein-Westfalen ausgegeben werden. So wird die Wirtschaft des Bundeslandes gefördert. Ähnliche Bedingungen existieren in allen regionalen Förderprogrammen. Filmförderung ist Wirtschaftsförderung, aber vor allem auch Förderung und Schutz des kulturellen Gutes Film. Wer sich das Kinoprogramm einmal genauer anschaut, wird feststellen, dass amerikanische Filme in der Mehrzahl sind. Durch die Filmförderung sollen deutsche Filme entstehen, die im besten Fall auch im Ausland wahrgenommen werden. Gefördert werden in Deutschland alle Schritte der Filmherstellung und Auswertung: Es kann also Geld für die Entwicklung einer Filmidee geben, genauso wie für die Produktion oder für den Verleih. Außerdem unterstützt die Filmförderung einzelne Kinos, Programmreihen und Filmfestivals .

Preisgelder für Neue Produktionen

Mit dem Deutschen Filmpreis zeichnet die Bundesregierung jedes Jahr die besten neuen Spiel-, Dokumentar- und Kinderfilme aus. Dafür stellt die Kulturstaatsministerin (BKM) insgesamt fast drei Millionen Euro zur Verfügung. Die "Goldene Lola", so heißt der deutsche "Oscar", bedeutet eine halbe Millionen Euro Preisgeld. Und schon die Nominierung bringt Geld: Wer in der Kategorie Dokumentarfilm zu den Auserwählten zählt, erhält 100.000 Euro. Die Auszeichnung und die Nominierungen sind Teil der staatlichen Filmförderung. Die Preisgelder müssen nämlich in neue Filme investiert werden, so dass der Deutsche Filmpreis nicht nur öffentliche Anerkennung, sondern auch wichtige Fördergelder für zukünftige Projekte beinhaltet.

Viele Töpfe für einen Film

Weil jede Förderanstalt nur eine begrenzte Summe genehmigt, werden die meisten deutschen Kinofilme in Koproduktion von mehreren Förderinstitutionen und Fernsehsendern produziert. Mittlerweile finden sich sogar immer häufiger Produzent*innen aus verschiedenen Staaten zusammen, um gemeinsam ein Filmprojekt ins Leben zu rufen. Fernsehsender, vor allem öffentlich-rechtliche, sind wichtige Partner der Filmproduktion geworden. Es gibt reine Auftragsproduktionen, die komplett von den Fernsehanstalten finanziert und als Fernsehfilme ausschließlich dort gezeigt werden. Von den Sendern mitfinanzierte Filme, sogenannte Kino-Koproduktionen, gelangen zunächst über die Verleiher in die Kinos, bevor sie nach Ablauf einer bestimmten Sperrfrist im Fernsehen ausgestrahlt werden dürfen. Manchmal helfen auch andere Partner und Institutionen, einen Film zu finanzieren. Firmen, Einrichtungen oder Vereine, denen ein Thema am Herzen liegt, spenden Geld oder helfen bei der Ausrüstung. Manchmal fördern sie auch Filmvorführungen mit Filmen zu Themen, die ihnen wichtig sind. Firmen und Unternehmer unterstützen Filmproduktionen häufig auch deshalb, weil sie sich Werbung dadurch erhoffen, dass sie im Abspann genannt werden oder ihre Produkte im Film auftauchen. Das Einblenden von Werbeobjekten im Film nennt man Product-Placement.

Kritik an der öffentlichen Filmförderung

Wer das Geld gibt, darf auch mitreden. Es gibt Kritiker, die bemängeln, dass die Filmförderung dazu führt, dass immer die gleichen Filme und Genres in Deutschland gefördert werden, während neue Formate seltener Unterstützung erhalten. Auch der deutliche Einfluss der Fernsehsender auf den Filmförderungsprozess wird von einigen inhaltlich im Widerspruch zur filmkulturellen Zielsetzung, die kreativ-künstlerische Qualität von Filmen zu stärken, gesehen.

Quellen: Filmförderung – Woher kommt das Geld? – Praxistipps – dok' mal! – Film – Kultur – WDR, FFA, DFFF, FFG, Bundesregierung zum FFG

Aufgabe 2

  1. Auch die beiden Filme The Ordinaries und Cleo sind mit Mitteln der Filmförderung entstanden. Sieh dir die Fördersummen an und finde heraus welche Gelder für die Produktion des Films verwendet werden konnten.

The Ordinaries

Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) – Verleihförderung: 58.000 EUR (11/2022)

Filmförderungsanstalt (FFA) – Verleihförderung: 35.000 EUR (12/2022)

Filmförderungsanstalt (FFA) – Video-on-Demand: 8.850 EUR (07/2023)

Medienboard Berlin-Brandenburg – Produktionsförderung: 100.000 EUR (09/2019)

Medienboard Berlin-Brandenburg – Verleihförderung: 20.000 EUR (02/2023)

MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein – Verleihförderung: 15.000 EUR (03/2023)

Nordmedia – Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen mbH – Verleihförderung: 10.000 EUR (01/2023)

Nordmedia – Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen mbH – Produktionsförderung: 90.000 EUR (03/2020)

Quelle: www.crew-united.com

Cleo

BKM – Produktionsförderung: 200.000 € (10/2016)

BKM – Verleihförderung: 40.000 EUR (07/2019)

Deutscher Filmförderfonds – DFFF – Projektfilmförderung: 243.200 € (12/2017)

FFA Filmförderungsanstalt – Medialeistungen: 30.000 EUR (04/2019)

Film- und Medienstiftung NRW: 100.000 € (Produktion Kino 07/2016)

Medienboard Berlin-Brandenburg: 200.000,- € (Produktion 22.06.16)

Nordmedia – Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen mbH – Produktionsförderung: 70.000 € (09/2017)

Wim Wenders Stipendium: 20.000 EUR (2014)

Quelle: www.crew-united.com

Aufgabe 3

  1. Errechne, wie viele Kinokarten verkauft werden müssten, bis die FilmeThe Ordinaries und Cleo Gewinn einspielt haben, wenn eine Kinokarte 12 Euro kostet. Vergleiche deine Überschlagsrechnung mit den Besucherzahlen. Hast du in deiner Einschätzung aus Aufgabe 1 richtig gelegen?
Leider geht die Rechnung nicht so einfach auf. Denn eine verkaufte Kinokarte kommt nicht zu 100% den Filmemacher*innen zugute. Schau dir das folgende Schaubild an. Was meinst du, welcher Teil der Einnahmen aus Kinokarten geht (indirekt) zurück an die Filmemacher*innen?

Nicht so einfach zu beantworten? Das stimmt, denn die Filmemacher*innen tauchen in dem Schaubild gar nicht auf. Die Vermarktung des Films im Kino übernehmen die Filmverleihe. Das sind Medienunternehmen, die von den Produzent*innen die Filmrechte erwerben und die Filme als Filmkopien (DCP = Digital Cinema Package) an die Kinos vermieten. Ein Filmverleih hat ähnliche Aufgaben wie ein Verlag. Er bildet die Schnittstelle zwischen der Herstellung und Vorführung von Filmen. Dazu gehört das Suchen und Besorgen von Filmen, die Werbung, die Entscheidung darüber, wie viele Filmkopien hergestellt werden sollen, und wann der Film im Kino gezeigt wird. Oft kümmert sich der Verleih auch um den Verkauf von Nutzungsrechten für andere Vertriebswege wie Video-on-Demand, DVD oder Fernsehen.

Wie du sehen kannst, fließt das Geld aus dem Erlös von Kinokarten nur zu einem geringen Anteil an die Filmemacher*innen zurück.

Exkurs: Internationale Filmproduktionen

In einem Exkurs kannst du dich beispielhaft für eine internationale Koproduktion mit dem Film Das Licht, aus dem die Träume sind beschäftigen und die weltweit größten Filmindustrien kennenlernen.

Filmgattungen/-berufe

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